Wie es kommen musste

Romantisch war er, der erste Kuss mit meiner ersten Freundin. Oder kitschig sogar? Ich denke ja, man kann von romantischem Kitsch sprechen. Aber wieso sollte Romantik nicht kitschig sein dürfen? Eigentlich ist doch gerade die Romantik das Einzige, wo Kitsch angemessen ist.
Wir waren noch in der Schule, so vom Alter her. Vom Ort her natürlich nicht, da standen wir auf dem Promenadendeck eines Schiffes. Der Ausflug hatte zwar mit der Schule zu tun, Klassenfahrt nach England, aber die Zweisamkeit da auf dem Deck war ziemlich privat.
Es dauerte eine Weile, bis das losging mit dem Küssen.
Ich mein, wir standen da an der Rehling und über dem Ärmelkanal peitschte der Wind. Ich konnte spühren, wie sie zitterte, als ich sie zum Schutz mit in meine Jacke nahm, sie damit versuchte abzuschirmen.
Ihre runden weichen Brüstchen drückten sich gegen meinen festen Bauch. Sie war schon ein gutes Stück kleiner als ich. Älter zwar ein wenig, aber kleiner.
Sie strahlte mich an mit ihren stahlblauen Augen und ihre perfekten rosa Lippen formten ein zufriedenes Lächeln bis extatisches Grinsen.
Da auf dem Deck, noch dazu bei Sonnenuntergang, musste es ja zum Kuss kommen. Also von mir aus nicht unbedingt, aber so wie sie dastand, hatte sie es erwartet. Ich musste gar nicht lange zögern, bis sie ihrem Verlangen Worte verlieh:
“Küss mich endlich!”, sagte sie frech und fügte noch schnell an: “Ich komm nicht ran!”
Also hielt ich mich nicht länger zurück.
Mein Griff um sie herum wurde fester und ich hob sie etwas hoch. Dabei kam ich ihr entgegen bis sich unsere Lippen berührten.
So standen wir eine Weile mit geschlossenen Augen da und küssten uns. Ziemlich feucht, muss ich anmerken.
Schließlich gestand ich mir ein, dass das Zittern nicht nur von ihr aus kam. Nervös bin ich eben auch gewesen. Die Anspannung konnte jetzt aber von mir abfallen. Nur der kalte Wind sorgte weiterhin dafür, dass uns fröstelte.
Als wir unsere Augen wieder öffneten und uns von einander lösten, war auch das letzte Bisschen der Sonne komplett verschwunden. Nur noch ein dunkles Rot markierte die Stelle, wo die Sonne ins Meer gesunken war, während von der anderen Seite bereits ein dunkles Blau heranzog.
Ich fragte: “Willst du reingehen?”, um nicht aussprechen zu müssen, dass ich es hier draußen nicht länger aushielt und den Gentelman spielen konnte, der sich ganz nach ihr richten würde.
Mit einem sehr ehrlich wirkenden Lächeln, dass sie im Moment offenbar nicht ablegen konnte, nahm sie meine Hand und führe mich hinein.
Die Beziehung hielt zwei Wochen, die sie in meinem Einvernehmen per SMS beendete.

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